Donnerstag, 30. September 2010

Der Tod auf dem Asphalt

Nein, keiner von uns beiden ist gestorben und bloggt nun aus dem Jenseits. Wir haben auch keine toten Menschen auf der Strasse gesehen. Dafuer: Schlangen.
Nicht gerade mein Lieblingstier. Taeglich begegne ich mindestens einer toten und alle paar Tage einer lebenden. Bisher konnte ich sie aus gefuehlter sicherer Entfernung von meinem Sattel aus sehen. Einmal bin ich aus Versehen ueber eine drueber gefahren. Das glaube ich zumindest, denn der Zweig auf der Strasse war verdaechtig weich. Ich rechne damit, dass demnaechst ein solches Reptil unter unserem Zelt hervorgeschossen kommt, wenn ich gerade aus meinem Schlafgemach krieche. 
 Eine Tagesfahrt auf einer vielbefahrenen Strasse ist wie ein Besuch im Zoo: Opposums, Kroeten, Schildkroeten. Nur sehen die Tiere nicht so putzig aus wie im Gehege. Meistens liegen sie blutverschmiert auf dem Asphalt und warten auf die Aasgeier. Manchmal kreisen die grossen Voegel ueber unseren Koepfen, so als ob sie vermuten wuerden, wir koennten ihr naechstes Mahl sein. Den Gefallen tue ich ihnen nicht. Ich behalte die Trucks und Pick-Ups im Blick durch meinen Lenkerspiegel und weiche notfalls auf den Rasen am Rande aus.
Einige Tiere scheinen cleverer als die bereits genannten zu sein. Waschbaeren, Stinktiere, Hirsche und Koyoten treiben sich in dieser Gegend auch herum. Exemplare von denen haben wir aber noch nicht als Kadaver gesehen. Nachts auf den Campingplaetzen koennten wir wahrscheinlich Bekanntschaft mit ihnen machen, aber das sollen nicht die freundlichsten Gesellen sein.
Deswegen verstecken wir unsere Lebensmittel nachts entweder in den Duschraeumen oder haengen sie ueber einen Ast. Daniel hat in den letzten zwei Naechten im Pere Marquette Park Koyoten heulen gehoert. Ich schlafe lieber 11 Stunden am Stueck, um Kraft fuer den naechsten Tag zu sammeln.
Ganz im Sueden erwarten uns die Krokodile. Ein Mann, dem wir auf einem Campingplatz kennen gelernt haben, war gut darin, uns Furcht vor allen moeglichen Dingen einzufloesen. Er meinte mit einem zynischen Lachen, dass in Louisiana die Aligatoren auf Campingplaetzen nach Futter suchen. Mal sehen, ob dass genau so ein Mythos ist, wie der, dass Waschbaeren auf Baeume klettern koennen. Diesen Mythos hat er uns unwissenden Stadteuropaern erzaehlt, weswegen wir abends unsere Essenstasche in den Duschraum gestellt haben.

Drachen soll es hier auch mal gegeben haben. Indianer haben einen riesige Wandmalerei an einem Felsen bei Alton, Illinois, hinterlassen. Das Bild des so genannten "Piasa Bird" wurde im Original das letzte Mal im 17. Jahrhundert gesehen. Danach hat ihn ein Kuenstler nach gemalt. Der Fels, auf dem der Drachen gemalt wurde, liegt direkt an unserer Route. Heute gab es ein Schmuckstueck fuer uns: ein geschmeidiger Bike-Trail am Ufer des Mississippi, auf dem kein Auto fahren darf und von dem aus wir Fischreiher, Schildkroeten und kleine Adler (wirkliche Adler, wie uns das Visitor Center gezeigt hat) beobachten konnten.

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